Sizilien – Genuss und Fatalismus
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Alles was du in Sizilien gesehen haben musst
Wer das italienische Festland verlässt
und die Brücke von Messina überquert, der betritt gefühlt ein neues Land. 25.000 km2 vollgestopft mit Kunst verschiedenster Einflüsse. In
seiner langen Geschichte wurde die Insel von Griechen, Römern, Normannen,
Arabern und vielen anderen Völkern beherrscht, die auch alle ihren Fußabdruck
hinterlassen haben. Dieser außergewöhnliche Mischmasch hat sogar seine eigene
Bezeichnung: normannisch-arabisch-byzantinische Kunst. Freilich,
Gelsenkirchener Barock hat auch seinen Platz, aber da wirkt Deutschland eher
wie Filterkaffee im Vergleich zu gut gezuckerten Espresso. Und ja, die Mafia in
Sizilien ist nicht nur ein Klischee, sondern traurige Realität. Korruption,
Gewalt und das Gesetz des Schweigens plagen die Gesellschaft bis heute. Doch
die Inselbewohner sind deshalb keine Miesepeter und im Gegenteil sogar bekannt
für ihre Herzlichkeit und Gastfreundschaft. Sollte dieses Ziel auf deiner
Bucketlist noch fehlen, solltest du es alsbald hinzufügen; spätestens am Ende
des Artikels.
Palermo
Wahrscheinlich will niemand mit dem
Auto durch ganz Italien tuckeln und deshalb fangen wir doch logisch in Palermo
an. Nirgendwo sonst wird die widersprüchliche sizilianische Wirklichkeit
deutlicher als in ihrer Hauptstadt. Wer auf der Jagd nach eindrucksvoller
Architektur ist, wird hier einerseits hocherfreut und andererseits bitter
enttäuscht. Zwar sind die vielen Bauten gefühlt aller Epochen ein
beeindruckendes Stück Kultur, aber die Fassaden sind oft renovierungsbedürftig
und manch Stadtteil wurde dank mafiöser Korruption einfach mit Beton
zugeballert. Außerdem ist Palermo dafür bekannt ein Verkehrs-Moloch zu sein.
Deshalb das Auto lieber parken und zu Fuß die Stadt erkunden.
Must See:
- Porta Nuova – Triumphbogen
- Teatro Massimo – Opernhaus
- Kathedrale Maria Santissima Assunta
- Piazza Bellini
- Piazza Pretoria
- Basilica di Monreale
- Mercato del Capo
- La Vucciria - Markt
Cefalù – Strand, Berge und Normannendom
Eingequetscht zwischen Mittelmeer und
dem 270m hohen Rocca di Cefalù liegt das gleichnamige Städtchen. Der scheinbar
unangetastete Charme der mittelalterlichen Gassen, wird gekrönt vom
normannischen Dom San Salvatore. Direkt neben der Stadt lädt einer der schönsten
Strände Nordsiziliens zum Baden ein. Sizilianisches Kleinstadtfeeling.
Must See:
- Dom San Salvatore
- Lavatoio Medievale – arabisches Waschhaus
- Uferpromenade
Taormina und Isola Bella
Verlassen wir die Nordküste und reisen
an das Ionische Meer im Osten. Vielleicht kennst du den Namen Taormina aus den
Nachrichten, denn 2017 trafen sich hier die G7-Staaten. Die Stadt liegt direkt
an der Küste und dennoch 200m über dem Meeresspiegel mit Ausblick auf den meist
rauchenden Ätna. Ganz in der Nähe am Strand liegt die sogenannte Isola Bella,
eine kleine Insel, die mit einer schmalen Sandbank mit dem Festland verbunden
ist. Gut geeignet als Fotomotiv. In der Altstadt laden zahlreiche kleine Boutiquen
und Geschäfte zum Souvenirkauf ein, bevor man auf den Spuren Ernest Hemmingways
im berühmten Caffè Wunderbar einen Caffè Ginseng piccolo schlürft.
Must See:
- Teatro Greco – griechisches Theater
- Dom San Nicolò, Barockbrunnen auf dem Domplatz
- Corso Umberto – Flaniermeile
- Piazza IX. Aprile
- Palazzo Corvaja
- Palazzo Duchi
Ätna – der Vulkan
Mit 3.323 Metern ist der Ätna der
größte aktive Vulkan Europas. Und da der quasi auf der Strecke liegt, voilà.
Spaß beiseite, dieser Berg ist wirklich sehenswert. Leute mit genügend Energie
sollten eine Wanderung auf dem Vulkan machen. Da oben ist es allerdings
winterlich kalt und selbst im Sommer sind die Temperaturen oft um den
Gefrierpunkt. Deshalb Mütze und Schal einpacken, wenn ihr zu den wanderlustigen
Naturentdeckern gehört. Falls ihr zufällig im Winter da seid, sollten auch Ski
eingepackt werden, denn die Kombination aus Pulverschnee und Meerblick ist wohl
einzigartig.
Syrakus – Altstadtinsel
Siracusa bzw. Syrakus ist klar
getrennt in Antike und Moderne. Während die historische Altstadt auf einer
Insel vor der Küste gebaut wurde, liegt der neue Teil der Stadt direkt
gegenüber am Festland. Auch bei dieser Station stehen dem Besucher wieder eine
unglaublich große Menge an Touristenaktivitäten zur Verfügung, denn an jeder
Ecke stehen Paläste, Museen und Gotteshäuser verschiedenster Religionen. Wer
Zeit übrig hat, sollte in das 40 km entfernte Noto fahren. Dieser Ort ist
allgemein bekannt als Hauptstadt des sizilianischen Barock.
Must See:
- Piazza del Duomo
- Orecchio de Dioniso - Ohr des Dionysos
- Frühchristliche Katakomben
- Fonte Aretusa – Süßwasserquelle
- Teatro Greco – griechisches Theater
- Tempel des Apollo
- Palazzo Bellomo
- Palazzo Parisio
- Kathedrale von Syrakus
- Santuario della Madonna delle Lacrime – Wallfahrtkirche
Marzamemi – das Fischerdorf
Viel weiter südlich kommt man in
Italien nicht. Nur wenige Kilometer von einer der drei Ecken der Insel entfernt
stößt man auf das schmucke Dorf Marzamemi. Schon seit dem Mittelalter ist der
Ort berühmt für Fisch und insbesondere Thunfisch. Somit empfiehlt sich
natürlich ein romantischer Besuch eines Fischrestaurants.
Must See:
- Fisch
Modica – Stadt der Schokolade
Schokoladensüchtige aufgepasst! Wer
schon immer einmal seine Ernährung auf ausschließlich Schokolade umstellen
wollte, hat nun die perfekte Gelegenheit dazu. Unter spanischer Herrschaft
diente der Ort als Umschlagsplatz für Kakao weshalb hier schon seit 400 Jahren
in aztekischer Tradition Schoki hergestellt wird. Die Bauweise der Stadt
integriert die felsige Umgebung. Manche Häuser haben z. B. eine Hauswand aus
Fels. Allgemein ist Modica von Höhenunterschieden geprägt, weshalb schier
endlose Massen an Stufen den Ort zur Hölle für Rollstuhlfahrer machen.
Must See:
- Castello dei Conti
- Dom San Giorgio
- Cava d’Ispica – Kalksteinschlucht
- Schokoladenmuseum
Ragusa – zwei Städte auf eimal
Nachdem Ragusa 1693 durch ein Erdbeben
weitgehend zerstört wurde, herrschte Uneinigkeit über den Wiederaufbau.
Daraufhin erbauten die adeligen und reichen Bewohner den Ort Ragusa „superiore“,
während das einfache Volk Ragusa Ibla gründete. Lange galten beide Orte als
zwei verschiedene Städte und wurden schließlich 1926 zusammengelegt. Aufgrund
dieses Erdbebens ist übrigens so viel barocke Architektur in der Gegend zu
finden. Touristen zieht es eher nach Ragusa Ibla, denn dort herrscht ein
charmantes Kuddelmuddel aus Häusern, Palästen und Kirchen.
Must See:
- Basilika die San Giorgio
- Giardino Ibleo – Garten mit Ausblick auf Ragusa
- Kirche Maria delle Scale – heilige Maria der Stufen
- Kathedrale San Giovanni Battista
- Restaurant Duomo – zwei Michelin-Sterne
Enna
Verlassen wir die Küste und begeben
uns in das geographische Zentrum Siziliens. Hier kann man die Natur der Insel
wirklich erleben. Dank der Höhenlage von 970 m sind die Temperaturen auch im
Hochsommer erträglicher als in den Küstengebieten. Außerdem kann man oben in
Enna einen fabelhaften Ausblick und kann einen hervorragenden Eindruck des
ländlichen Siziliens gewinnen. Wasserratten müssen aufgrund der Absenz des
Ozeans nicht darben, denn einige hübsche Seen in der Umgebung können als Ersatz
herhalten.
Must See:
- Castello di Lombardia
- Lago di Pergusa – See
- Dom Maria Santissima della Visitazione
- Torre di Federico II
Scala dei Turchi – Treppe der Türken
Wieder zurück am Meer halten wir an
einem Naturmonument. Die Scala die Turchi ist ein schneeweißer Fels direkt am
Wasser. Seine Form erinnert an Treppen, die auch bestiegen werden können. Da
direkt nebenan auch ganz normale Strände sind, eignet sich diese Station optimal
als Strandausflug.
Selinunt – antike Fundstätte
Die meisten Sehenswürdigkeiten in
Sizilien sind aus dem Mittelalter oder der Neuzeit. Doch auch Hobby-Archäologen
sollen nicht allein gelassen werden, denn in der antiken Ausgrabungsstätte
Selinunt gibt es haufenweise griechische Ruinen mit allem Tamtam. Säulen,
Tempel und sogar eine Akropolis zeugen von der Relevanz dieser altertümlichen
Siedlung aus der hellenischen Zeit Siziliens.
Trapani – Stadt der zwei Meere
Genau auf der Nordwestlichen Ecke der
Insel liegt Trapani. Dank der strategisch günstigen Lage an zwei Meeren war die
Stadt schon immer ein bedeutender Mittelmeerhafen. Einen Gründungsmythos gibt
es auch: entweder hat Demeter (grich. Göttin für Fruchtbarkeit) oder Kronos
(Titan) eine Sichel fallen lassen. Was waren die Akteure der antiken
griechischen Mythologie nur für Schussel? Heute ist jedoch dank der vielen
weißen Häuser der arabische Einfluss prominenter.
Must See:
- Castello della Colombaia
- Piazza Garibaldi
- Kathedrale San Lorenzo
- Corso Vittorio Emanuele – barocke Allee
- Basilika Maria Santissima Annunziata
- Museum Agostino Pepoli – Museum für die ortstypische Korallenverarbeitung
Erice – der Berg
Ganz in der Nähe von Trapani liegt die einzigartige Stadt Erice. Zwar
ist Sizilien allgemein von Bergen geprägt, allerdings ist dieser Ort nochmal
etwas Besonderes. Gesiedelt wurde nämlich auf einem über 700 m hohem Berg
direkt mit Meerblick. Die Architektur ist auch wider geprägt von den
Einflüssen, die wir schon überall auf der Insel kennen gelernt haben. Wer sich
im Westen Siziliens aufhält, darf Erice aber auf keinen Fall verpassen, denn
die Aussicht sucht wirklich Seinesgleichen
Must See:
- Aussicht
Castellamare del Golfo
Eigentlich ist die Attraktion des
Ortes weniger die Architektur, sondern eher la spiaggia (Strand). Klar,
eigentlich waren wir schon an den türkischen Treppen baden, aber mal ehrlich,
plantschen kann man eigentlich nie genug. Aber die kann man tatsächlich auch
besichtigen, denn hier locken malerische Buchten und Strände.
Must See:
- Bucht von Guidaloca
- Bucht von Scopello
- Costa dello Zingaro
Nun sind wir am Ende unserer Sizilienreise
angelangt. Genuss wird auf der Insel besonders großgeschrieben, denn die
Menschen dort wissen wahrhaftig wie gelebt wird. Fatalismus auf der anderen
Seite beschreibt die weit verbreitete Korruption und Misswirtschaft, die wie
ein Schatten auf der Schönheit Siziliens liegt. Fatalismus heißt aber auch,
das Schicksal einfach so hinzunehmen wie es kommt. Wer dieses Lebensgefühl
kennen lernen will, sollte einfach unseren Sizilien-Roadtrip unternehmen.
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